Archäologe Peter van der Veen: Keine Posaunen vor Jericho?

Einen tiefen Einblick in längst vergangene biblische Zeitalter gab der Archäologe Dr. Peter van der Veen beim Gemeinsamen Bibelabend im evangelischen Gemeindehaus in Sulz am Eck. Zum Einstieg erzählte er von einer Reise auf den Spuren Abrahams in die Südosttürkei, wo er erst vor kurzem mit einem Fernsehteam unterwegs war. Dabei zeigte er Bilder aus Harran und Urfa, einer Gegend, in der Abraham bzw. Ibrahim in der muslimischen Bevölkerung noch heute eine große unmittelbare Veehrung erfährt.

In seinem eigentlichen Vortrag widmete er sich der Frage, ob es die in der Bibel beschriebenen »Posaunen von Jericho«zur Zeit Josuas tatsächlich gegeben hat. Die meisten Wissenschaftler und auch eine Großzahl der Theologen gehen heute davon aus, dass Jericho und das Land Kanaan nach dem Auszug aus Ägypten nicht gewaltsam eingenommen wurde. Für die Zeit, in die das Ereignis datiert wird (1200 v. Chr.), gibt es keine archäologischen Spuren für eine gewaltsame Zerstörung der alten Stadt und auch anderer Eroberungsziele wie Ai und Hazor. Auch für die alternative frühere Datierung der Landnahme um 1400 v. Chr. konnten keine Spuren für eine gewaltsame Landnahme nachgewiesen werden.

Als Lösungsvorschlag bietet Peter van der Veen zusammen mit anderen Wissenschaftler eine überarbeitete Chronologie für das Altertum an. Einen archäologischen Befund, der sehr gut zu den biblischen Berichten passen würde, gibt es nämlich für die Zeit um 1600 bis 1550 v. Chr., was allerdings nach herkömmlicher Datierung viel zu früh wäre. Van der Veen führte nun einige Argumente dafür an, dass die etwa 150 Jahre Differenz durch einige Unstimmigkeiten in der traditionellen Chronologie zustande kamen. Da die Datierung frühgeschichtlicher Ereignisse durch ein komplexes und fehleranfälliges Zusammenspiel von astronomischen Berechnungen, Königslisten und Keramikschichten vorgenommen wird, haben sich Peter van der Veen und seine Kollegen einigen Problemen vorgenommen, die eventuell zu falschen Annahmen geführt haben könnten. Dabei handelt es sich vor allem um die Synchronisierung von ägyptischen, assyrischen und palästinischen Epochen. Der Archäologe gab zu, dass in dieser hochkomplexen Thematik noch viel Forschungsarbeit zu leisten sei, machte aber zugleich Mut »die Bibel auch in ihren historischen Angaben als zuverlässig gelten zu lassen«. Nach dem Vortrag erklärte van der Veen (links im Bild) den interessiertesten Zuhörern einige archäologische Fundstücke, die er mitgebracht hatte.

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