Unglückstag 3

Flug 3107 - in 10 Tagen um die Welt

Rettungskräfte suchen fieberhaft nach Überlebenden … lesen Sie Tag 4 der Lagerstory!

Besuche auf einem sinkenden Flugzeugwrack

„Hilfe! Hilfe!“, hörte ich jemanden schreien. Wildes Getier rund um mich … Ich zitterte am ganzen Leib … Da riss mich ein Bellen aus den Bildern meines Traumes. Ich saß immer noch auf einem Baum. Nur mit Mühe konnte ich abschütteln, was ich gerade im Traum erlebt hatte. Der, der um Hilfe geschrieen hatte, war ich selber gewesen!
Unten saß Arko! Hatte er etwa Wache gehalten während ich schlief? Dank seiner Nähe traute ich mich von meinem geschützten Platz herunterzuklettern. Mit heftigem Schwanzwedeln signalisierte er mir, dass ich ihm folgen solle. Ohne viel Nachdenken trottete ich Arko hinterher und war alsbald am Fluss. Noch nie hatte mein Magen so entsetzlich geknurrt wie an diesem Tag. Schrecklicher noch als am Vortag stand mir jetzt die Aussichtslosigkeit meiner Lage vor Augen: Ich war nicht nur in der Wildnis. Ich hatte auch keinerlei Proviant! „Du brauchst etwas zu Essen“, dröhnte es in meinem Kopf. Du musst wenigstens wissen, wie es in deiner nächsten Nähe aussieht … „Komm Robin! Überwinde deine Furcht und klettere dort auf den Hügel!“ Nicht zum ersten Mal seit meiner Strandung hörte ich mich mit mir selber reden. Ich kam mir seltsam dabei vor, aber es machte mir Mut und trieb mich an. Und so hatte ich bald eine Erhebung erklommen, die mir einen überraschenden Ausblick gewährte. Das Erste und Wichtigste, was ich feststellte: Ich befand mich offensichtlich auf einer Insel. Ganz sicher konnte ich zwar nicht sein, da sich das bewaldete Gebiet im Osten bis zum Horizont hinzog. Als mein Blick über den östlichen Küstenstreifen schweifte, musste mich mit Erschrecken feststellen, dass ich nicht allein war. Ich konnte deutlich menschliche Kleidung erkennen, was mich aber erschrecken ließ, waren Affen. Ungefähr 15 kleine Affen machten sich dort an menschlicher Kleidung zu schaffen. Waren diese Affen etwa bei Ebbe an das Wrack gelangt?

Langsam glitten meine Augen über das Meer hinweg … unendlich weites und einsames Meer, das sich in der Ferne im Morgendunst verlor. Und ziemlich nah, windschief und für immer verloren, lag unser Flugzeug. Langsam konnte ich das Ausmaß der Katastrophe sehen, circa 10 Affen derselben Art, wie sie an der östlichen Seite waren, turnten am Wrack herum. Die Farbe der Affen variierte von braun nach schwarz, ihr Körperbau war schlank, der Schwanz sehr lange und von weitem hätte ich sie auf eine Größe zwischen 40-70 cm geschätzt. Ich konnte auch erkennen, dass ihre Zähne nicht gerade ungefährlich waren, denn an den Kleidern konnte man deutlich sehen, wie die Affen sie in Stücke rissen. Ich schüttelte ein ums andere Mal den Kopf und blickte sehnsüchtig zum Flugzeugwrack. Mit einem Mal sprang ich auf. Ein ziemlich verrückter Gedanke durchfuhr mich. Ich schlug mir vor die Stirn. „Arko! Arko!“ rief ich. Aber der seltsame Hund war wie vom Erdboden verschwunden. Warum zum Teufel hatte ich vorher nicht dran gedacht? Das Wrack musste prallvoll mit Vorräten sein! Es gab zu essen, zu trinken … es gab jede Art von Werkzeug … vielleicht ging sogar noch das Funkgerät!

Was ich dringend brauchte, war etwas zu essen. Und wenn ich überhaupt eine Chance haben wollte in dieser Einsamkeit einige Zeit zu überleben, brauchte ich möglichst viel von dem, was da drüben noch auf dem Wrack lagerte.
Doch wie sollte ich zum Wrack kommen? Wie sollte ich gegen die Affen bestehen können? Wie sollte ich die Kisten, Boxen und Gerätschaften transportieren? Für mich war hier kein Gefährt da. Schlagartig war meine Begeisterung verflogen. Die einzige Chance das Wrack zu erreichen, war zu schwimmen, wie es die Affen gemacht hatten. Die einzige Möglichkeit die Vorräte an Land zu bringen, war, ein Floß zu bauen, aus Materialien die am Wrack waren. Kurz entschlossen machte ich mich auf den Weg. Glücklicherweise war Ebbe und kaum Brandung. Nichts und niemand konnten mich hindern. Am Ufer legte ich alle überflüssigen Kleidungsstücke ab, bewaffnete mich mit einem Holzprügel, den ich fand und watete mit Herzklopfen ins Wasser und schwamm los.

Das Wasser blieb ruhig, nur ein paar möwenartige Vögel kreisten über mir, als wollten sie mir den Weg zum Wrack weisen. Nach wenigen Minuten war ich in nächster Nähe des Flugzeugs: Massig und fast bedrohlich lag der schwer beschädigte Rumpf vor mir, in eine Art Felsenriff eingeklemmt. An seiner Breitseite klaffte ein riesiges Loch. Mit Herzklopfen schwamm ich zum rechten Flügel weil ich mir gedacht hatte dort die beste Aufstiegsmöglichkeit zu finden. Je Näher ich kam, umso lauter war das Greischen der Affen … Nun stand ich ihnen gegenüber. Mit einem großen Schlag auf den oberen Teil des Wracks machte ich mich bemerkbar, mit Fuchteln, Geschrei und Stampfen versuchte ich den Affen Angst einzujagen was mir auch sehr gut gelang. Die meisten Affen verließen das Wrack mit einem Sprung ins Wasser, eine Mutter mit ihrem Jungen verließ recht zögerlich und vorsichtig das Flugzeug und sprang nicht ins Wasser sondern kletterte gekonnt mit Hilfe ihres Schanzes das Wrack hinunter. Nun war der Weg frei für meine Expedition: So vertraut mir das Flugzeug gewesen war, fühlte ich mich nun ausgesprochen fremd, mir war zu Mute wie auf einem alten, verlassenen Friedhof. Es dauerte einige Zeit, bis ich den Mut hatte mich in das Wrack zu begeben. Mir war, als könnte ich jeden Moment jemandem begegnen! Zugleich war das Stöbern in den Vorräten, das Untersuchen der Habseligkeiten, die meine armen Freunde zurückgelassen hatten, wie eine Schatzsuche. Ich entdeckte Unmengen von Dingen, die mir wichtig und lebensrettend erschienen. Die Affen hatten schone einiges verwüstet und mitgenommen.
Plötzlich schreckte mich ein Geräusch auf, es kam aus der Richtung des Cockpits, vorsichtig nahm ich meinen Prügel in die Hand und ging mit langsamen Schritten auf das Cockpit zu, ich hatte schon mit meinem Prügel ausgeholt als urplötzlich Kosta vor mir stand. Unglaubliche Freude überkam mich, es hatte neben mir noch jemand überlebt. Vor lauter Freude umarmte ich Kosta. Dann nahm ich auch noch Helmut war, der im Cockpit stand. Er schien erleichtert zu sein, einen weiteren Überlebenden gefunden zu haben. Er versorgte mich mit den neuesten Infos: Neben ihnen hatten noch Kapitän Robinson und Bogdan überlebt, von Olaf und Mario fehlte jede Spur und Señor Ricardo Cruz wurde im Laufe des ersten Tages an Land gespült. Große Trauer überkam mich. Señor Cruz hatte damals sein Leben für uns aufs Spiel gesetzt und musste doch sterben. Auch um Mario machte ich mir Sorgen. Helmut riss mich aus meinen Gedanken. Er erzählte mir, dass sich Kapitän Robinson und Bogdan im westlichen Teil der Insel aufhielten. Kosta und er nun versucht hätten Notrufsignale per Funk zu senden, aber alles tot sei. Er zeigte mir eine Karte und erklärte mir, wo wir uns in etwa befanden. Sie hatten sich ein Floß gebaut und wollten versuchen, auf eine Insel zu gelangen, die bewohnt war. Einen Augenblick überlegte ich, sie zu begleiten, ließ aber den Gedanken schnell wieder fallen. Ich umarmte beide herzlich und wünschte ihnen alles Gute. Sie stachen in See und sicherten mir zu, bald mit Hilfe zurück zu kommen.

Nach der Abreise von Kosta und Helmut machte ich mich selbst daran, ein notdürftiges Floß zu bauen. Hilfreich war mir ein großes loses Teil des linken Flügels. Auf dieses konnte man sehr viel aufladen. Mit einem Seil, das ich gefunden hatte, sicherte ich Habseligkeiten: Essen, Trinken, verschieden Kisten, Werkzeug und sogar eine Signalpistole. Ich muss gestehen, alles was nicht niet- und nagelfest war, nahm ich mit – sogar Bücher. Ich musste mich nun beeilen, jeden Moment konnte ein neuer Sturm aufziehen. Ehe ich mich versah begann es zu dämmern, mit meinem voll besetzten Floß schwamm ich Richtung Westküste, um nach Mr. Robinson und Bogdan zu suchen. Inzwischen war Hochflut, deshalb würde mich das Wasser rasch gen Ufer treiben. Ich sage es gleich: Meine sozusagen zweite Ankunft auf der Insel war nicht minder aufregend und schrecklich als die erste.

Als ich jedoch Bogdan und Mr. Robinson am Strand sah, konnte ich nicht mehr an mich halten. Mit letzter Kraft zog ich mein „Flügel-Floß“ an Land und stürme voller Freude auf die Beiden zu. Sie hatten schon ein Feuer errichtet und waren gespannt, welche Ladung ich dabei hatte. Im Gegensatz zu den letzten Tagen hatten wir nun ein wahres Sternebüffet. Es war schön mit bekannten Gesichtern zusammen zu sein! Als ich Kapitän Robinson meine Schätze zeigte, war er hellauf von genau einem Gegenstand begeistert!

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