Unglückstag 6

Flug 3107 - in 10 Tagen um die Welt

Die Spezialeinheiten geben noch nicht auf … lesen Sie Tag 7 der Lagerstory!

Die Jahre vergehen

Kaum hatten wir Arko wieder bei uns, begann die Regenzeit. Viel konnten wir außerhalb unserer Hütte nicht werkeln, der Regen nahm stetig zu, wie es in diesen Breitengraden üblich war. Heftige Regenfälle machten unseren Ausbauplänen am Fort bzw. dem Bau eines tauglichen Hochseeboots schier unmöglich. Wenn wir früher über zehn Stunden täglich arbeiten konnten, waren es nun nie mehr als drei. Wichtig wurde uns jedoch hierbei die Aufgaben zu teilen: Robinson war dafür zuständig theoretische Fluchpläne auszuarbeiten und eine passendes Fluchtfahrzeug zu entwickeln, Bogdan war für die Instandhaltung und Erweiterungen des Forts zuständig, meine Aufgabe war es uns zu versorgen! Für mich hieß das konkret fischen, jagen, ernten und Wasser holen und natürlich kochen! Ernten, ja ich konnte ernten und zwar Gerste und Reis, mir waren beim Kochen ein paar Papageien aufgefallen, von denen ich gerne einen als Begleiter haben wollte. Ich versuchte sie mit Gerstenkörnern und Reiskörnern anzulocken, was jedoch gründlich misslang. Nach üppigen Regenfällen wucherten ein paar Monate später direkt neben unserem Kochplatz, Reis und Gerste.

Zum Jagen musste ich den Dschungel aufsuchen, inzwischen war ich relativ sicher und ohne Angst im Dschungel unterwegs. Ich redete mir ein, sollten hier wirklich gefährliche Tiere sein, müssten wir diese längst entdeckt haben und bis auf die Schlange und die Affen, die wir inzwischen jedoch gut im Griff hatten, waren uns keine gefährlichen Tiere begegnet. Manchmal gelang es mir fasanähnliches Getier aufzuspüren. Dann wieder waren es kleinere oder größere Vierbeiner. Zum Beispiel hoppelnde Wesen, die wie Hasen aussahen und einen ähnlichen Geschmack hatten. Ein glücklicher Zufall erleichterte uns viel: An diesem Tag im Dschungel war nichts wie sonst: die Entdeckung von gleißendem Licht vor lauter Grün um mich herum ließ mich aufhorchen, die Natur zog mich in ihren Bann. Die ungewöhnlichen Formen, die Buntheit, dazu die fremdartigen Geräusche – all das hatte eine betäubende Wirkung auf mich. Ich wäre wohl ewig dort gestanden, wenn Arko nicht leise neben mir geknurrt hätte. Gleichzeitig sah ich etwas Weißes sich am Ende der Lichtung bewegen. Ich blinzelte mit den Augen, Ich war wie geblendet … ich versuchte, dass sich bewegende Weiß von dem gebrochenen silbrigen Licht zu unterscheiden … Dann wurde es deutlicher: Nach und nach trat eine ganze Herde von weißen Ziegen auf die Lichtung um dort zu grasen. Unwillkürlich hob ich meinen Speer. Ziegenfleisch soll etwas köstliches sein. Doch im gleichen Moment durchfuhr mich ein anderer Gedanke, wenn es mir gelang die Ziegen zu fangen, hätten wir nach langer Zeit jeden Morgen unsere Milch, bei Gelegenheit konnten wir uns Ziegenfleisch gönnen und uns sogar warme Kleider für die kühle Regenzeit machen. Ich hatte eine Seil bei mir, mit dessen Hilfe ich eigentlich fallen aufstellen wollte, jedoch nutzte ich es als eine Art Lasso, Arko sandte ich auf die andere Seite er sollte die Ziegen in meine Richtung treiben. Zur Sicherheit, dass sie mir nicht entwischen konnte, band ich ein anderes Seil auf Höhe von ca. 30 cm.

Also Arko mit seiner Attacke anfing stand ich mit pochendem Herzen bereit, die Herde von knapp 15 Tieren stürmte auf mich zu, eine Ziege konnte ich direkt per Lasso fangen, ein Ziegenbock stolperte über meine Seilfalle, so dass ich mich auf ihn stürze und ihn so mit der zuerst gefangenen Ziege zusammenband. Die restliche Herde war geflohen, jedoch war ich mit meiner Ausbeute hochzufrieden und kam freudestrahlend zum Fort zurück. Bogdan und auch Robinson waren ebenso begeistert wie ich und im strömenden Regen erstellten wie ein Gehege für unsere neuen Nutz- und Haustiere. Abends im Fort erzählte jeder von seinem Tag, Robinson hatte inzwischen herausgefunden, dass es sich bei unserer neuen Heimat definitiv um eine Insel handelte, er hatte eine Art Landkarte entworfen, uns vertrat die Meinung, dass es am Horizont eine zweite Insel geben musste, wenn dieses stimmen sollte, hatte er geplant, sobald die Regenzeit aus war, dort überzufahren. Vielleicht gab es dort Einwohner die uns weiterhelfen konnten. Bogdan erzählte, dass er die Palisaden stabilisieren wollte, aber aufgrund von Gliederschmerzen nicht lang arbeiten konnte. Er sah auch extrem schwach aus. Ich hatte meine Geschichte von den Ziegen ja schon erzählt, hatte aber vor, noch mehr Ziegen zu fangen. Je mehr umso besser war das für uns. Robinson wollte mich morgen begleiten. Bogdan jedoch sollte sich ausruhen und erholen. Seine Krankheit beunruhigte mich. War es ein gefährlicher Virus, Malaria oder nur Überanstrengung? Ich begann mir Gedanken zu machen, wie wir ihm helfen sollten, konnte jedoch keinen klaren Gedanken fassen.

Robinson merkte, dass etwas mit mir nicht stimmte und fragte nach, aus mir sprudelte es nur so heraus, ich brach in Tränen aus und erzählte von allem was mir zu Schaffen machte. Die Gedanken an Heimat, an meine Eltern, meine Freunde, an Olaf, Mario, Kosta und Helmut, die Angst vorm Sterben, die Angst um Bogdan, die Erlebnisse vom Absturz. Ich war am Boden, mir machte die gesamte Situation zu schaffen, ich konnte und wollte nicht mehr. Robinson umarmte mich, beruhigte mich und meinte dass er dieselben Gedanken habe wie ich, auch Bogdan besänftigte mich. Er teilte ebenso wie ich Ängste, Ängste um seine Familie, seine Frau, seine Kinder, ob er sie je wieder sehen würde! Ich merkte wie ich innerlich ruhiger wurde, denn ich konnte mich glücklich schätzen, zwei solche Freunde zu haben! Wir begannen eine Erzählrunde in dem wir die Vergangenheit jedes einzelnen besprachen, da war die wilde Kindheit Robinsons, die traurige Kindheit Bogdans, meine strenge Kindheit in Hamburg. Später begannen wir eine Art Ausblick, Was wird uns erwarten? Was werden wir noch erleben? Werden wir zurückkehren?
Robinson lieferte für mich ein eindeutiges Statement, das mich sehr beeindruckt hatte. Schon bei seiner Vergangenheit war mir aufgefallen, dass er in irgendeiner Weise anders war. Er meinte nur dazu, „ich kann dir die Angst nicht nehmen, aber ich weiß dass der Gott der Bibel das kann, ich weiß nicht ob wir von dieser Insel runterkommen, aber ich weiß dass es sein Wille war, dass wir hier landen. Vielleicht nur damit du ihn kennen lernst Robin. Ich weiß ganz genau dass er hier bei uns ist, dass er uns behütet.“ … Bogdan, der normalerweise mit Sachen Glauben, Gott oder Bibel nichts zu tun haben wollte, schien ebenfalls gefasst und ruhig. Die Aussage Robinsons war an diesem Abend bzw. in dieser Nacht das letzte was wir besprochen hatten, jedoch ließ es niemand von uns in Ruhe und jeder dachte für sich weiter nach! Wir hatten inzwischen etliche Stunden Männergespräche geführt und es war sehr spät!

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